Zwei Künstlerinnen revolutionieren Wien mit provokanter Populismus-Satire!

Zwei Künstlerinnen revolutionieren Wien mit provokanter Populismus-Satire!
Wien-Favoriten, Österreich - Was geht in der Wiener Kunstszene? Ganz viel, vor allem dank des fesselnden Gegenwartsromans von Alexander Keppel. „Radiogeschichten“ spielt zwischen 2022 und 2023 in der österreichischen Hauptstadt und stellt uns die Protagonistinnen Nora und Nour vor. Nora, 33 Jahre alt und ursprünglich aus Ost-Berlin, ist ehemalige Künstlerin, die von ihrer Werbeagentur gekündigt wurde. Nour, die 23-jährige Malereistudentin aus Wien-Favoriten mit libanesischen Wurzeln, teilt das Schicksal ihrer älteren Freundin: Beide Frauen sehen sich ohne Perspektive, ohne Geld und ohne Liebe.
Um dieser tristen Lage zu entkommen, schließen sich Nora und Nour zusammen und gründen das Künstlerinnen-Duo No/No. Ihr Projekt, eine Populismus-Satire, die über Social Media und Künstliche Intelligenz verbreitet wird, ist inspiriert von Christoph Schlingensief, einem unkonventionellen Künstler, dessen Werk oft über bloße Provokation hinausging. Keppel thematisiert im Roman die Auswirkungen von Erfolg und den Druck, der die kreative Beziehung der beiden Frauen belastet, als das Projekt „MfD“ («Mit einer Forderung» Anm. d. Red.) immer mehr an Fahrt aufnimmt. Dank der Mischung aus persönlichem Drama und gesellschaftskritischen Elementen schafft der Roman eine spannende Atmosphäre.
Zurück zu den Wurzeln der Provokation
Die künstlerische Auseinandersetzung mit Provokation ist ein wichtiges Thema, das auch bereits Christoph Schlingensief bewegte. Dieser hatte insbesondere 2010, als er verstarb, die Diskussion über die Wirkung von Kunst in den Mittelpunkt gerückt. Schlingensief war heftig gegen die Bezeichnung als „Provokateur“, vor allem nicht als „lustiger Provokateur“. Er führte in Wien Projekte durch, die zum Nachdenken anregen sollten, wie etwa das umstrittene Experiment, bei dem Publikum über die Abschiebung von Asylbewerbern entscheiden konnte. Dabei stellte er in Frage, ob Provokation wirklich nur der Selbstinszenierung des Künstlers diene oder auch eine tiefere Bedeutung haben kann.
Bereits in den 1990er Jahren gründete Schlingensief die Partei „Chance 2000“, die darauf abzielte, die Grenzen zwischen Kunst und Politik zu hinterfragen und gleichzeitig auch künstlerische sowie politische Anliegen zu vereinen. Diese Ambivalenz zwischen Kunst und sozialem Handeln zieht sich durch sein gesamtes Schaffen. Veranstaltungen wie „Ausländer raus. Bitte liebt Österreich!“ zeugen von seinem Engagement für gesellschaftliche Themen. Schlingensief sah seine Kunst als ein Mittel zur gesellschaftlichen Veränderung und stellte oft provokante Fragen, die auch nach seinem Tod weiterhin nachhallen.
Der Einfluss auf Keppels Werk
Aber wie beeinflusst das Erbe Schlingensiefs die Arbeit von Alexander Keppel? In „Radiogeschichten“ wird deutlich, dass die beiden Protagonistinnen mit ähnlichen Fragen konfrontiert sind: Wie weit kann and darf Kunst gehen? Können sie mit ihrem Werk tatsächlich etwas in der Gesellschaft bewirken? Durch diese Verbindung zur Vergangenheit spiegelt Keppels Roman auch die anhaltenden gesellschaftlichen Herausforderungen wider, vor denen viele Kunstschaffende stehen, insbesondere junge, die sich in der fragilen Welt der zeitgenössischen Kunst behaupten wollen.
Seit seiner Übersiedlung nach Wien im Jahr 2015 hat Alexander Keppel mit seinem Debütroman „Der Zweite Kontinent“ (2022) sowie dem Erzählband „Unzone“, der im Frühjahr 2025 erscheinen wird, bereits auf sich aufmerksam gemacht. Er wurde nicht nur für seine Kreativität, sondern auch für sein Engagement in der österreichischen Literatur ausgezeichnet. Das Projektstipendium für Literatur des BMKÖS für seinen zweiten Roman „Stunt“ (2023-2024) ist ein weiteres Zeichen für sein Potenzial.
Wie geht es mit der Wiener Kunstszene weiter? Mit Künstlerinnen und Künstlern wie Keppel, die den Mut haben, unbequeme Fragen aufzuwerfen und die Traditionen von Vorreitern wie Schlingensief aufzugreifen, bleibt die Kultur spannend und ist ein guter Ort zum Diskutieren, Reflektieren und natürlich auch zum Provokieren.
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Ort | Wien-Favoriten, Österreich |
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